– Rahmenbedingungen

Ganz gleich, ob Inklusion altbekannt ist oder neu auf der Agenda steht, es gilt stets bestehende Strukturen im eigenen Betrieb zu hinterfragen und geeignete Rahmenbedingungen für Inklusion zu schaffen.

Das Foto zeigt auf Holzwürfel gedruckte Buchstaben, die den Schriftzug "Time for change" ergeben.

Acht Gründe für Inklusion

Kultureinrichtungen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Inklusion umzusetzen.  Alle mit öffentlichen Geldern geförderten Theater, Orchester, Museen, Bibliotheken und Kulturzentren müssen Inklusion in das eigene Selbstverständnis aufnehmen, um vorbildhaft voranzugehen. Benachteiligung und Barrieren im eigenen Betrieb müssen aktiv ausgeräumt und nicht nur im künstlerischen oder öffentlichkeitswirksamen Diskurs angeprangert werden.

Im Jahr 2020 lebten in Sachsen laut dem Siebten Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderung im Freistaat Sachsen knapp 800.000 Menschen mit einer amtlich festgestellten Behinderung. Das entspricht fast 20 Prozent der sächsischen Bevölkerung. Da viele Behinderungen im Laufe des Lebens erworben werden und die allgemeine Lebenserwartung steigt, nimmt auch der Anteil der Menschen mit Behinderung weiter zu. Diese Menschen haben ein Recht auf Barrierefreiheit, sie profitieren also ganz direkt von inklusiven Maßnahmen.

Eine inklusive Personalstruktur fördert die Gleichberechtigung innerhalb der Einrichtung. Sie zeigt gegenüber dem Publikum, dass Vielfalt wertgeschätzt wird.

Inklusion und Barrierefreiheit dienen der Publikumsentwicklung und -beteiligung. Es fühlen sich neue Zielgruppen aktiv angesprochen.

Barrierefreiheit ist eine notwendige Grundvoraussetzung für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Barrierefreie Gestaltung ist ein Qualitätsmerkmal für zeitgemäße nutzer:innenfreundliche Webseiten, Architektur, Ausstellungen, Programmhefte usw.

Durch inklusive Teams, die unterschiedliche Perspektiven mitbringen, verbessert sich die Problemorientierung ebenso wie die Lösungskompetenz. Es entsteht eine Offenheit für kreative, bislang unbekannte Ideen.

Neue Perspektiven auf die eigene Institution können wichtig sein, um den etablierten Kanon zu hinterfragen. Sie ermöglichen einen frischen Blick auf die eigene Sammlung oder die Ausstellungs- und Aufführungskonventionen.

Neue ästhetische Ausdrucksformen wie Disability Arts oder Aesthetics of Access bieten neue Impulse für die Programmgestaltung. Sie zeigen, dass die Kunst grundlegend offen ist für die Erforschung neuer Methoden und Formen.

Wenn Strukturen, Abläufe und Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass sie von vornherein den unterschiedlichen Bedarfslagen derjenigen, die Kunst schaffen, und derjenigen, die Kunst genießen wollen, gerecht werden, dann kann die Kunst dadurch nur gewinnen und ihr freiheitlich-kritisches Potenzial voll entfalten!

Mit Inklusion in die Praxis!

Die Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion in Kultureinrichtungen ist ein komplexer Veränderungsprozess: Strukturen und Gewohnheiten müssen überdacht, neue Perspektiven einbezogen und Wissen aufgebaut werden. Die Veränderung erfolgt schrittweise und bedarf der Auswertung und Reflexion.

Ein Team bilden

Wenn Sie Inklusion als Leitmotiv in Ihrer Kultureinrichtung etablieren, ist es sinnvoll, dass sich ein Team mit Vertreter:innen aus allen Abteilungen bzw. Organisationsbereichen federführend der Koordinierung dieses Prozesses widmet. Inklusion ist eine Querschnittsaufgabe, die von der Organisation insgesamt getragen und natürlich in erster Linie von der Leitungsebene angestoßen und verantwortet werden muss. Vereinbaren Sie regelmäßige Treffen, um gemeinsam zu erarbeiten, wie Sie vorgehen möchten und welche Schritte wann, wie und in welche Richtung gegangen werden sollen. Binden Sie die unterschiedlichen Statusgruppen wie bspw. Vorstandsmitglieder, Mitarbeitende, Betriebsräte, Förderverein oder Vertreter:innen des Publikums in diesen Entwicklungsprozess aktiv ein und damit  möglichst unterschiedliche Perspektiven; indem Sie die verschiedensten Akteur:innen ins Boot holen, werden Sie ein umfassenderes Verständnis für bislang unbekannte Barrieren und Teilhabeerschwernisse vermittelt bekommen.

Aktuelle Situation analysieren

Sie sollten sich zunächst einen Überblick über die aktuelle Situation an Ihrem Haus verschaffen. Finden Sie heraus, inwieweit vielleicht das, was Ihre Organisation ausmacht, tut, kommuniziert und umsetzt, bereits einem inklusiven Ansatz entspricht. Aufbauend darauf, ist es dann möglich zu erarbeiten, welche Maßnahmen weiterhin ergriffen werden sollten, um auf allen Ebenen der Kultureinrichtung inklusiv zu arbeiten.

Menschen mit Behinderung einbinden

Sinnvollerweise binden Kultureinrichtungen Menschen mit Behinderung auch direkt in die Inklusionsentwicklung an ihren Häusern ein, z.B. in Form von gemeinsamen Vor-Ort-Begehungen, um mögliche Barrieren im Haus zu identifizieren und zu beseitigen. Menschen mit Behinderungen geben auch Rückmeldungen zu programmatischen Fragestellungen, werden kritische Freunde oder organisieren einen Beirat. Auch die klassische (Nicht-)Publikumsbefragung ist hilfreich, um mehr über die Bedarfe von Besucher:innen mit Behinderung zu erfahren. Im Sinne einer langfristigen und nachhaltigen Umsetzung des Inklusionsprozesses sollten Sie Kooperationen und Vernetzungen mit Expert:innen anstreben, die aus eigener Erfahrung sprechen und urteilen können.

 

Eine schematische Darstellung eines Prozesses als Kreislauf. Oben beginnend steht und dann im Uhrzeigersinn fortlaufend: Leitbild Inklusion. Situation Analyse, Vorhaben Ziele, Planung Maßnahmen, Umsetzung, Auswertung.

Realistische Ziele und Maßnahmen

Achten Sie darauf, dass sich die Maßnahmen, die Sie sich vornehmen, an den vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen (finanziell, personell, zeitlich) orientieren. Setzen Sie sich konkrete Ziele mit realistischen Zeitschienen und legen Sie für jede Aufgabe Verantwortlichkeiten fest. Inklusion ist ein Prozess und hat viele Facetten. Keine Kultureinrichtung kann alle davon gleichzeitig angehen und alle nötigen Maßnahmen kurzfristig umsetzen. Die ersten Schritte in diese Richtung sollten daher umsetzbar und motivierend sein. Manchmal bieten bereits kleine Veränderungen einen großen Mehrwert für Personal und Publikum. Vergessen Sie nicht zu überprüfen, ob und wie Ihre Maßnahmen den gewünschten Erfolg zeigen.

Kostenplanung & Finanzierung

Für die Schaffung einer Anerkennungskultur in Ihrer Einrichtung ist zunächst kein Geld nötig. Allerdings werden Sie bspw. für bauliche Anpassungen und die Anschaffung von bestimmten Geräten finanzielle Mittel einsetzen müssen. Auch Weiterbildungen und notwendige Dienstleistungen (z.B. Übertragungen in Leichte Sprache) werden zusätzliche Mittel in Anspruch nehmen. Außerdem können Ausgaben für speziell entwickelte Projekte anfallen.

Grundsätzlich sollte in der Haushaltsplanung des Kulturbetriebes immer ein Kostenteil für die Umsetzungen von Inklusion und Barrierefreiheit eingestellt sein. Darüber hinaus wird es unter Umständen notwendig sein, Drittmittel einzuwerben.

Unabhängig von einer möglichen Finanzierung sollten Sie zunächst die Kosten für die geplanten Maßnahmen ermitteln. Diese können Sie in einem Kostenplan mit kurz-, mittel-, und langfristigen Kostenstellen darstellen.

Weitere Informationen finden Sie unter Finanzierung und Förderung.